Ein Lob auf den Fingerhut
von Gartenphilosophin (Kommentare: 1)
Hummelimbissbude Fingerhut
Der zumeist wilde rote Fingerhut, Digitalis purpurea, mit lateinischem Namen, ist eine wunderbare heimische Pflanze, die in keinem Garten fehlen sollte. Er wächst Original im Wald, dort an lichten Stellen oder gleich ganz in Lichtungen. Er kann Sonne gut vertragen und Halbschatten ebenfalls. Im Wald erfüllt er die Aufgabe, dort lebenden Hummeln eine wichtige Nahrungsquelle zu bieten. Sie sind die einzigen Insekten, die ihn anfliegen.
Hummeln lieben ihn und sind meines Wissens die einzigen Insekten, die dort hineinkommen, um Nektar und Pollen zu erhaschen. Da die Blüte sich nach unten öffnet, tief hinein nach oben hinein führt und der Fingerhut noch ein haariges Hindernis aufgebaut hat, braucht es erfahrene starke Tiere, um an den süssen Nektar zu kommen.
Die nächste Gruppe der Insekten, die ihn aufsuchen, sind Ameisen.
Sie tummeln sich überall und sind irgendwie planlos und ohne Ziel auf ihm unterwegs.
Starke Hummeln
Jede einzelne seiner Blüten tragen im Inneren aufrecht stehende Härchen. Sie werden Reusenhaare genannt. Nur Hummeln sind stark genug, hindurch oder über sie hinweg zu krabbeln, um an das Innere des Blütengrundes zu gelangen. Dort erreichen sie den Nektar, während sie mit dem Rücken die Pollen abstreifen. Ameisen, bei denen nur die ganz kleinen, die ich sehen kann wuseln da wohl um die Härchen herum. Sie sind sicher nicht an der Bestäubung beteiligt, eher später an der Verbreitung, wenn sie seine Samen verschleppen.
An den Fingerhüten meines Gartens sind sie auch schon immer dort, wenn die Hummeln ankommen. Kurzes Gedränge, dann verschwindet die Ameise und die Hummel kann an das Buffet. Dazu muss sie in einen tiefen Kelch nach oben krabbeln, um anzukommen.
Hummeln fliegen ja auch sehr gerne die Akelei an und haben dort an einigen Akeleiarten dasselbe Zugangsproblem. Sie müssen von unten an den Blütengrund oben heran. Das löst sie an der Akelei anders als am Fingerhut.
Die Akelei wird am Blütengrund von oben aufgeknabbert und dann Nektar und Pollen genossen. In den Fingerhut krabbelt sie aber hinein, er ist offen und weit genug, um ihr ausreichend Platz zu gewähren. Andere Insekten kann ich an ihm nicht beobachten. Bienen nutzen ihn nicht, Schmetterlinge auch nicht, obwohl diese einen ausreichend langen Rüssel zu Verfügung hätten.
Fingerhüte kommen ungefragt in den Garten
Also, der Fingerhut ist ein Hummelfreund.
Selber bin ich eine Freundin der vielen Hummeln meines Gartens und der vielen Fingerhüte ebenfalls.
In meinem Garten hat er sich von alleine angesiedelt, eines Tages waren seine Blattrosetten zu sehen, die dann im nächsten Frühjahr aufblühten. Seitdem habe ich ihn in vielen Farbtönungen bei mir zu Gast. Von weiss mit roten Punkten bis hin zu einem tiefen dunklen rosa ist er vertreten und überragt mit seiner Blütenkerzen alle meine Stauden im Beet.
Jetzt im Moment hat er seine größte Blühzeit und wird von Hummeln besucht, das es eine Freude ist, ihn zu betrachten.
Schaut Euch mal eine einzelne Blüte genau an, die feine Zeichnung ist genau der Grund, warum Hummeln ihn aufsuchen! Hummeln sehen auch noch im Ultraviolettbereich, deshalb sehen sie Blüten ganz anders als wir. Sie nehmen Blüten in einem anderen Farbspektrum wahr und fliegen sie aufgrund dessen an.
Ein Zeichen, das die Welt noch jenseits unserer Wahrnehmungsmöglichkeiten sehr bunt und aussergewöhnlich ist!
Die Form der Blüte ist auch der Grund weshalb sich einige Geschichten um ihn ranken, die der Phantasie der Menschheit geschuldet sind. Wir kennen ihn aus Märchenbildern, auf denen Feen oder Elfen die Blüten als Hut tragen. Der Begriff/Name selber kommt aus der gleichen Form des Fingerhutes, den Näherinnen früher trugen, um ihren Finger vor Nadelstichen zu schützen.
Fingerhüte haben eine lange Blütezeit, sie erstreckt sich über mehrere Wochen. Dabei blüht er von unten nach oben. Die unteren Blüten stehen an einem längeren Stiel, der sich immer weiter verkürzt, je weiter die Blüten nach oben zu sehen sind. Jede Blüte an sich hält ein paar Tage, bis sie abfällt. Während oben weiter geblüht wird, setzt die Pflanze unten schon zur Samenreife an. Jede Kapsel trägt eine Menge Samen, die durch Ameisen verschleppt werden. Dadurch verteilt sich der Fingerhut sehr leicht im Garten.
Die neuen Stellen sind gut zu erkennen, denn schon im ersten Jahr bilden sich neue Rosetten aus, die dann im zweiten Jahr wieder zur Blüte kommen. Manchmal allerdings nur selten treibt die Rosette im dritten Jahr noch einmal eine Blüte aus, die Regel ist das aber nicht. Der Fingerhut ist also ausgesprochen kurzlebig, dennoch durch seine Aussaat ein ausdauernder Gast im Garten. Ein Gartenvagabund, den ich nur höchstselten ausrupfe, wenn er wirklich stört.
Nutzen und Wirkung
Wichtig zu wissen ist, das er hochgiftig ist! Er wird heutzutage für medizinische Zwecke eingesetzt und gilt als herzstärkendes Mittel, ist aber auch da ein scharfes Schwert.
In einem Garten mit kleinen Kindern sollte er fehlen, denn seine Pflanzenteile sind zu allen Teilen giftig!
Sind die Kinder aber verständig und groß genug, dann gönnt Euch die Freude und heisst ihn im Garten willkommen!
Fingerhüte sind ausgesprochen standfest, ihnen kann weder Sturm noch Regen etwas anhaben. Das macht ihn mir noch sympathischer, um ihn muss ich mich nicht kümmern. Auch seine unterschiedlichen Ausprägungen in Farbe und Musterung macht ihn zu einem unkomplizierten, sehr schönen und insektenfreundlichen Gartenbewohner, der immer einen freundlichen Gruß aus dem Beet sendet und durch sein tiefes Hummel-Gebrummel auch akustisch grüßt.
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Von: Markus Weimar
Am:
Um: 07:45
Danke für die „Werbung“ für den schönen Fingerhut. Bedenkt man, dass die Schönheit aus nur 0,07-0,2 Gramm je tausend Samen kommt (je nach Art) noch ein Grund mehr Fan dieser Pflanze zu sein.
Antwort von Gartenphilosophin
Ja, es ist sowieso erstaunlich, welche Kraft in so einem Samen steckt.
Aus einem Fingerhutsamen entsteht diese schöne Waldstaude.
Aus einer Eichel dieser starke hohe Baum.
Danke für den Hinweis.
LG Ulrike, die Gartenphilosophin