Ist der Garten Genuss?

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Wie begreift Ihr Euren Garten?

Garten und Philosophie

Hand hoch, wer kann seinen Garten wirklich geniessen? Einfach da sitzen und schauen und schnuppern und hören und …. NEIN!!!! Nicht auf das Kraut im Beet schauen! Nicht gleich aufstehen und es rauszupfen!
JA! Der Rasen hat genau die richtige Höhe, er muss nicht sofort gemäht werden! Die Rosen sehen auch mit eingerollten Blättern noch schön aus, denn es sind Blattrollwespen in ihnen, die sich auf die nächste Lebensphase vorbereiten, um Lebendigkeit in Euren Garten zu bringen. Sie schaden der Rose nicht!

Borretsch
Der Borretsch ist für alle Sinne ein Genuss

Den Garten mit den Sinnen geniessen

Den Garten mit allen Sinnen zu geniessen, bedingt eine innere Ruhe. Die Ruhe, die alles so betrachtet, wie es im Moment ist und aussieht. Die den Moment als nicht nur gegeben, sondern auch als schön erachtet.
Den Garten mit der Nase, den Augen, den Ohren, den Händen und dem Herzen begreifen und erfahren, ist der Moment, in dem der Alltag unwichtig wird und ist.

Aber Achtung! Genuss ist nicht nur der Augenblick und schon ist er wieder vorbei!
Genuss ist ein Vergessen von Zeit, weil man so versunken ist in seinem Garten. Mit Herz und Seele. Meinen Garten kann ich im Sitzen auf der Bank, im Durchstreifen oder am Tisch essend geniessen.
In dieser Zeit des Geniessens mit allen Sinnen kann sich meine Kreativität entwickeln.

Garten und Philosophie
Blick auf Genuss oder anstehende Arbeit?

Garten als Belastung

In manchen Gesprächen mit GärtnerInnen höre ich heraus, das sie ihren Garten als Belastung empfinden, als Ort der immerwährenden Arbeit. Der Garten ignoriert sie, indem er alles das tut, was sie nicht wollen, Unkraut wachsen lassen, die Pflanzen eben nicht wachsen lassen, unerwünschte Insekten müssen bekämpft werden, die grüne Wand eingekürzt, alles muss gegossen werden und der Rasen - ja, der Rasen…
Da kann ich gar nicht so mithalten und wundere mich immer ein bisschen. Sicher, in meinem Garten habe ich im Frühjahr auch einiges zu tun; die Stauden des Winters werden abgeräumt, nachdem Insekten diese als Winterquartier verlassen haben. Da ist es schon relativ weit im Frühjahr und schon einigermassen warm. Da kann ich die Arbeit im Garten geniessen, die mit den ersten Sonnenstrahlen geschieht. Da sind viele schon lange fertig mit ihrem Garten.
Es ist nicht mein Ziel, möglichst schnell fertig zu werden, wer hetzt mich denn? Doch nur ich mich selber, weil ich glaube, das nur ein schöner Frühlingsgarten wie auf den Hochglanzbildern vor der Welt bestehen kann (oder nur vor den Nachbarn)?

La pyramide bleue, Gartenphilosophie
Die Pyramide ist gestapelte Kreativität

Philosophische Gartenpflege

Bis ich mit der pflegenden Gartenarbeit beginne, gehe ich schon immer wieder durch den Garten und suche die ersten oder letzten Blüten, im Spätwinter ein Hochgenuss. Einige Büsche in der Hecke (Link z. Blogbeitrag) blühen im Winter oder Spätwinter, die Christrose trägt auch zu meinem Genuss bei. Wenn dann die pflegende Gartenarbeit beginnt, habe ich schon die ersten Bilder und Versprechungen des Gartens im Kopf, wie er aussehen will, wenn ich fertig bin. Während ich schneide und stapele, denke ich nicht so sehr an die Beschwernis, sondern entdecke neue Möglichkeiten der Pflanzung und Ideen, was ich noch im Garten anstellen kann. Wenn ich dann in die Gärtnerei (NICHT in den Baumarkt, in die Gärtnerei) fahre, um meine Pläne zu bestellen, dann ist die Vorfreude auch schon wieder groß!


Aconogonon 'Johanniswolke'
Der Bergknöterich ist ein besonderer Anblick

Wo Freude ist, ist Genuss

Im Frühjahr ist der blühende Garten natürlich ein Genuss. Die Obstbäume blühen, die Zwiebelblumen, erste Stauden wie Akelei, nicht zu vergessen die Frühlingssonne, deren Strahlen wir leicht geniessen können Der Blick in den abendlichen Garten, wenn die letzten Sonnenstrahlen sich in Bäumen oder Büschen fangen... Doch der Anblick ist das ganze Jahr über ein Genuss.

Genuss im Sommergarten

Der Sommer mit dem Erwarten und Beginn der Obsternte ist eine Zeit, die ebenfalls Hochgenuss bietet. Im Moment sitze ich gerne unter dem Pflaumenbaum, dessen Früchte jetzt reif werden. Das Schlaraffenland lässt grüßen. Einfach, indem ich die Hand nach oben strecke und eine Pflaume pflücke und esse...
Da meine Beete nicht furchtbar aufgeräumt sind, kann ich in den Erdbeeren eine Glockenblume und ihre Besucher bewundern, während ich ernte.

Campanula
Sie hat sich ausgesamt und ich habe sie wachsen lassen

Dadurch geht mir die Arbeit leicht von der Hand, denn ich habe die Umgebung mit im Blick. Ein Garten, der lebendig ist, sorgt einfach in seinem SEIN für Genuss, denn ich leben in ihm und nicht gegen ihn. Gegen ihn laufe ich Gefahr zu arbeiten, wenn ich ohne Chemieeinsatz nicht auskomme, wenn alles in Reih und Glied zu stehen hat, keine Tiere meinen Salat verputzen dürfen oder die Blätter nicht verunstalten dürfen. Den Blick auf die natürlichen Vorgänge zu werfen, wie das eine in das andere greift,bietet so viel Faszination und somit Genuss, das es mir kaum möglich ist, anders zu arbeiten.

Geht Gartengenuss ohne grünen Rasen?

Viele GärtnerInnen trauern bei unserer Hitzewelle ihrem grünen Rasen nach. Schaut aber mal, was sich an grauen und braunen Tierchen dort wohlfühlt, welches Leben sich da regt.
Keines?
Dann erlaubt Eurem Rasen, zur Wiese zu werden. Dann gibt es Leben zu Hauf.
Es spart Zeit, nicht regelmässig Arbeit und Frust in den Rasen zu stecken. Nach dem nächsten Regenguss erholt er sich wieder. Zumindest unsere Wiese ist bisher immer wieder grün geworden.
Es kann sogar Genuss sein, ihn beim Farbwechsel zu beobachten, denn in einem braunen ausgeblühten Rasen kommen die Vögel, um reife Grassamen zu ernten. Das ist Vogelfütterung der Spitzenklasse!

Sitzmöglichkeit im Garten
Unser neuer Kaffeeplatz

Im Garten sitzen

Ein großer Genuss ist es, immer neue Stellen zu finden, an denen es sich gut sitzen und mit den Sinnen den Garten erfahren zu können. Schattenstellen, Sonnenstellen, überdachte Stellen, aus jeder Sitzplatzposition erzählt uns der Garten etwas über sich und die Perspektive ist jeweils eine andere.

Rosmarin ernten
Der Rosmarin ist sehr aromatisch

Den Garten essend geniessen

Wenn dann der Ertrag des Gartens auf dem Tisch landet, dann ist sowieso kein Halten mehr. Kräuter, Obst, Gemüse, bei mir auch Eier aus dem eigenen Garten sind etwas Besonderes. Der Weg dahin funktioniert ohne Einsatz von Chemie und Zwang, weil es so oder so zu sein HAT! Rosmarinkartoffeln aus dem eigenen Garten im Ofen gebacken, lassen dieses Gericht noch schmackhafter sein, eben weil es aus dem Garten kommt. Die Marmeladen, die wir im Winter auf den Brötchen haben, sind genauso süß und aromatisch, wie ich sie mir einkoche.
Wenn die Haupterntezeit der Tomaten beginnt, dann werden auch sie konserviert werden und wir können uns daran dann noch mehr erfreuen. Im Winter kommt der vergangene Sommer wieder auf den Tisch.

Pflanzen für Hummeln
Hummeln lieben Majoran, Teile werden geerntet, Teile bleiben stehen

Der ungezwungene Garten

Dem Garten auch Ungezwungenheit zu erlauben, halte ich für einen der wichtigsten Aspekte vom lebendigen Gärtnern und dem Entstehen von Genuss. Denn ich muss dem Erfolg nicht hinterherlaufen, sondern kann ihn in Ruhe abwarten. Ein großer Unterschied. Das, was die Nachbarn sagen kann von Summen und Brummen und Vogelgezwitscher im eigenen Garten völlig übertönt werden. Ein Garten muss in seiner Natürlichkeit nicht unordentlich sein. Ein natürlicher und ein vernachlässigter Garten sind zwei verschiedene Gärten. Nur das sortierende Eingreifen erfolgt mit mehr Ruhe und Gelassenheit und dem Denken in größeren Zusammenhängen.
Blattläuse? Warten wir auf die ersten Marienkäfer und Florfliegenlarven. Die nehmen sich des Problems preisgünstiger an als wir. Das freut wiederum die Vögel, die ihre Brut in unserem Garten aufziehen können.

Das verschwundene Kohlblatt? Die Raupe des Kohlweisslings freut es. Warum ihnen nicht ein paar Pflanzen zur Verfügung stellen?


Gemüse im Garten
Gemüse teilen ist eine gute Sache

Den Garten mit dem Leben teilen

Teilen ist ebenfalls Genuss, denn z.B. aus den Raupen entwickeln sich Schmetterlinge, die den Garten beleben. Diese werden von Vögeln verspeist, die ihre Jungen damit groß ziehen.
Ein vielfältiger Garten beginnt mit der Sehnsucht nach Genuss. Denn einen lebendigen Garten werden wir geniessen.

Apfelbeeren
Apfelbeeren mögen es mager und danken mangelnde Pflege...

Im Garten arbeiten

Dem Genuss eines Gartens ist natürlich auch Arbeit vorgeschaltet, allerdings kann ich die mir schwer gestalten, indem ich versuche, gegen den Garten anzuarbeiten. Warum muss ich alles düngen und dann in der Folge den Rasen häufig mähen, die Pflanzen vor dem zu groß werden zurückschneiden oder abzustützen, weil sie zu schwach nachwachsen, um standhaft zu bleiben? Oder ich mache mir Gedanken über Anpflanzungen, die langlebig, dem Standort angepasst und in der Pflege unkompliziert sind. Wenn ich diese Fragen beantwortet und die Pflanzungen ausgeführt habe, entsteht im Laufe der Zeit immer weniger Arbeit, weil der Garten mehr übernimmt. Zum Ausgleich erhalte ich mehr Musse und kann einfach genauso im Garten SEIN. Ohne Zeit, ohne Druck.

Mir bedeutet der Garten hohen Genuss, denn er antwortet auf seine Art und Weise mit Harmonie!

 

 


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