Leben mit dem Jakobs-Kreuz-Kraut

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Geliebtes Leben am ungeliebten Jakobs-Kreuz-Kraut

Jakobs-Kreuz-Kraut, Senecio jakobea
JKK kann beeindruckend groß werden

Das JKK, eine eigentlich ungeliebte Pflanze, die für Heu fressende Säugetiere giftig ist und eigentlich keinen Platz in meinem Garten haben sollte.

Allerdings mag ich sie trotzdem sehr, denn sie spendet wirklich vielen Insekten über Wochen Nahrung und sieht dabei auch ganz hübsch aus.

Baumwanze an JKK
Die Baumwanze ist kaum zu sehen

Jakobs-Kreuz-Kraut

Seneca jacobea, kurz: JKK, ist eine heimische Wildpflanze, die die Geister scheidet. In die Geister nämlich, die Pferde, Rinder, Ziegen und Schafe und auch Bienen hält und die Geister, die das nicht tun. Im Moment blüht sie fast überall in strahlendem Gelb, meist gut zu sehen an Strassenrändern Brückenrändern und großen brach liegenden Wiesen. Überall dort, wo extensiv gewirtschaftet wird. 
Bei mir im Garten also auch.

Wildbienen an JKK
Wildbienen treffen sich hier gerne zum gemeinsamen Essen

JKK ist giftig

JKK ist eine giftige Pflanze mit einem starken Ausbreitungswillen. Sie enthält in allen Pflanzenteilen den Stoff Pyrrolizidinalkaloid, kurz PA genannt. Dieses Alkaloid wird in der Leber zu Pyrrolen umgebaut. Pyrrolen ist giftig und kann durch die Leber nicht abgebaut werden. Es reichert sich in ihr an und sobald eine bestimmte Dosis erreicht ist, wirkt dieses Gift tödlich. Das will der pferdehaltende Geist in mir natürlich nicht. Ich auch nicht.

Bockkäfer auf JKK
Auch der kleine Bockkäfer wird mit satt

Der Lebenszyklus des JKK

JKK ist eine zweijährige Pflanze. Im ersten Jahr bildet sie Blattmasse aus, im folgenden Frühjahr kommt sie zur Blüte. Sie versamt sich im für sie besten Falle, während das Kraut abstirbt. Über die durch Wind verbreiteten Samen beginnt das Spiel von vorn.
 Diese Samen können sehr weit getragen werden.

Schwarzkolbiger Braundickkopffalter, Thymelicus lineolus
Der kleine Dickkopffalter ist hier häufig zu finden

Warum ist sie gefährlich?

Die junge Pflanze ist für Grasfresser die ersten Wochen genauso giftig wie immer, das Pferd schmeckt dies aber nicht. Erst ab sechs Wochen lagert sie Bitterstoffe ein. Das macht sie dann für Pferde zu widerlich zum Fressen. Die Meisten lassen es stehen, bis auf wenige verfressene Ausnahmen. Das bedeutet, das Pferde das junge Kraut der Pflanze sehr wohl fressen würden, wenn die Wiese sonst nichts hergibt.

Rostfarbiger Dickkopffalter, Ochlodes venatus
...auch mit der Freundin, der Schwebfliege

JKK im Heu

Wird nun von Wiesen Heu gewonnen, das mit JKK versetzt ist, dann schmecken die Tiere das nicht mehr, denn im trockenen Zustand verliert sich der bittere Geschmack wieder. Auf diese Art und Weise kann es zu schleichenden Vergiftungen kommen; im Winter fressen Pferde Heu und vergiften sich auf diese Art und Weise mit dem nun geschmacklosen Kraut. Schleichend, weil die Leben das Pyrrolen nicht abbauen, sondern nur anreichern kann.

Gammaeule, Autographa gamma
Sogar die Gammaeule erklärt den Mittag zur Dämmerung

Für Wiederkäuer ist das wohl selten ein Problem; entweder sie werden nicht alt genug, um daran zu versterben oder sie haben eine höhere Toleranzschwelle als Pferde. Durch aufmerksame Landwirte und Pferdehalter ist das Problem so stark im Bewusstsein, das es bei Pferden wenige Todesfälle gibt. Dennoch müssen wir aufpassen.

Gemeine Breitstirnblasenkopffliege, Sicus ferruginus
Diese Fliege stellt sich überall dort ein, wo es Hummeln gut geht

Meine zwei Geister und ich

In mir leben nun zwei Geister, die sich gegenseitig ihre Argumente um die Ohren hauen. Der eine Geist in mir, der Pferde hält schreit nach dem Wegmachen, der andere Geist in mir, der eine Vorliebe für Naturschutz hat, schreit nach Stehenlassen. Da gibt es dann noch mich und ich habe eine salomonische Entscheidung getroffen. Beide bekommen ihren Wunsch erfüllt.
Wie das?

Gemeine Sandbiene, Andrena flavipes
Die Gemeine Sandbiene zeigt sich

Der Geist in mir, der Pferde hält

schreit LAUT!!!! "MACH WEG! DAS IST IGITTTT!
Pferde vergiften sich daran, andere Wiesen werden "verseucht", Heuwiesen sind gefährdet. Mach weg!"

Dieser Geist hat recht.

Gemeine Seidenbiene, Colletes daviesanus
Mit Ihrer Freundin der Gemeinen Seidenbiene

Der Geist der Naturschützerin in mir

säuselt liebevoll:
"Schau maaaaallll! JKK sieht einfach schön aus. lass es stehen! Schau mal, wie viel Leben da herrscht und wieviele Fieger Du hier schon kennengelernt hast! Lass stehen!"

Dieser Geist hat recht.

Großer Kohlweißling, Pieris brassicae
der Große Kohlweissling freut sich

Mein salomonisches Ich

Als ich vor Jahren begonnen habe, meinen Feldzug gegen das JKK anzutreten und es auszurupfen, traf ich auf die Raupen des Blutbären, die sich gerade über einige Pflanzen hergemacht hatten. Solch eine Pflanze wollte ich nicht ausrupfen und habe sie stehen gelassen. Geht nicht, sie versamt sich und gefährdet dann auch andere Wiesen.

Im Jahr drauf wollte ich wieder ran, diesmal in der Blüte. Was war da für ein Leben und Treiben an den Blüten. Ich wollte sie nicht ausrupfen.
Was nun also tun?
Fragen an mein salomonisches Ich ergaben:

Grüne Wanze
Auch bei grünen Wanzen sehr beliebt

Folgende Lösung :

Meine Pferde lassen das JKK stehen, sie fressen es nicht. Dafür sind sie zu satt.
Ich will ein Aussamen verhindern. So weit.
Nun lasse ich es stehen und schneide am Ende der Blüte die Blütenstände ab und packe sie in die Restmülltonne. Sie verbleiben NICHT im Garten auf dem Kompost um eine Notreife zu verhindern und dann doch Samenflug zu haben. Sie kommen NICHT in den Gartensack, denn auch im öffentlichen Kompost weiss ich nicht, ob sie da zum Ausreifen kommen. Also Hausmüll.

Dieses Tierchen konnte ich bisher nicht bestimmen

Raupen könnten helfen

Die Blattmasse kann von Raupen des Blutbären gefressen werden, diedas JKK als Futterpflanze brauchen, um sich dann irgendwo anders zu verpuppen, denn die Pflanze an sich stirbt nach der Blüte ab und verschwindet.
Im Garten mache ich das so.


Kleiner Feuerfalter, Lycanea phlaeas
Der Kleine Feuerfalter findet immer seinen Plätzchen

JKK auf der Weide

Wird es auf der Weide zu viel an JKK, dann reisse ich es mit Gefühl kurz VOR der Blüte mit möglichst viel Wurzeln aus dem Boden. Das schwächt die Pflanze stark, die ihre ganze Energie in die Blühkraft steckt und nur noch wenig für Wurzeln und Wachstum zur Verfügung stellt. Kurz VOR der Blüte ausgezogen schafft Ruhe auf der Weide. Eine gewisse Grunddüngung und dichte Weidenabe verhindert ebenso eine Ausbreitung des Krautes.

 

Tagpfauenauge, Inachis io
Das Tagpfauenauge ist auch immer wieder gern gesehen

Die Pflanzen, die kontrolliert blühen dürfen erlauben aber einer reichen Insektenschar, sich über zwei Wochen langanhaltend zu ernähren. Es sind so viele Besucher da, es ist unglaublich. Honigbienen habe ich nur sehr wenige entdecken können. Da sie die Pollen und Nektar eintragen kann es eine PA-Belastung des Honigs geben. Auch ein Grund, nicht zu viele Pflanzen hochkommen zu lassen.

Wald Kuckuckshummel
An Hummeln finden sich fast alle ein

Die Raupe des Blutbären sind die einzigen natürlichen Fressfeinde, bei mir habe ich sie aber ausser im ersten Jahr nicht mehr angetroffen.
Tja, Ihr Lieben, das ist meine Geschichte und mein Umgang mit dem ökologisch recht wertvollen aber ernährungstechnisch für Säugetiere eher katastrophalen Beständen des JKK. Ich brauche ihn nicht, bringe es aber auch nicht über mich, ihm völlig zu Leibe zu rücken. Durch Flugsamen von irgendwoher kann ich sowieso niemals sicher vor neuen Pflanzen sein.

Gemeine Breitstirnblasenkopffliege, Sicus ferruginus
Diese Fliege parasitiert Hummeln... lebt aber vom Nektar

Deshalb habe ich diesen für mich recht entspannten Weg gewählt, denn er lässt Insekten ihre Nahrungsgrundlage schont aber die Gesundheit meine Pferde. Natürlich geht das nur, wenn keine Massenaufkommen auf den eigenen Weiden oder in der Umgebung vorkommen. Es ist nur mein Weg, das JKK zu managen, weil ich es so ganz gut unter Kontrolle behalten kann. Mein Luxusweg als Pferdehalterin und Gärtnerin.




Zitronenfalter, Gonepteryx rhamni
Der derzeitige König: Der Zitronenfalter

Habt Ihr JKK im Garten und wollt es behalten, achtet bitte auf Eure Umgebung und schafft ihr keine Sorgen. Schneidet die Fruchtstände nach erfolgter Blüte ab und entsorgt das Gut über den Hausmüll. Das abgestorbene Laub verschwindet schnell und restlos. Das schadet auch auf dem Kompost nicht.

Aufmerksamen GärtnerInnen wünsche ich viel Freude mit dieser schönen Pflanze!


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