Was Ihr schon immer über Samen wissen wolltet...

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Sämereien- was sie in meinem Garten so treiben...

Birkensamen

Jetzt, im November gehe ich durch den Garten und beginne, mich von diesem gigantischen Gartenjahr zu verabschieden.

Die Hitze hat es meinem Garten nicht leicht gemacht, die Trockenheit, die noch immer anhält, auch nicht.
Pflanzen sind mir nicht eingegangen, sie haben alle kürzer geblüht und haben sich nicht so schön entwickeln können. Da will ich trotzdem nicht meckern, denn für die tierische Vielfalt im Garten muss das Angebot gereicht haben.

Wasserdost Eupatorium
Der Wasserdost sieht wunderbar aus

Aber, auch die Pflanzen verabschieden sich. Während ich jedoch schon an die Kälte denke, denken sie an das nächste Frühjahr und haben in ihren verblühten Blütenständen schon die nächste (Samen-)Generation angelegt. Sie wissen nichts von Kälte, es macht ihnen nichts aus. Die Samen der Pflanzen sind genau darauf ausgerichtet über den Winter zu kommen und mich und meine Gäste im nächsten Jahr mit ihrem Anblick, ihrem Duft wieder zu verwöhnen. Die Insektenwelt hoffentlich gleich mit. Der Wasserdost, Eupatorium cannabinum* ist so ein Paradebeispiel: er blüht lange und zieht viele Insekten magisch an, dann später immer noch meine Blicke, die diese schönen Samenstände betrachten.

Rotkleesamen
Rotklee hat auch einen zierenden Aspekt

Wenn ich mir die Samenstände so ansehe, dann überrascht mich die Vielfalt ihrer Formen und Größen.
Anmerkung von mir, der Gartenphilosophin:
Ihr könnt sicher sein, ich habe eine Unmenge Bilder der verschiedensten Samenstände. Alle kann ich nicht zeigen, ausser Ihr habt viel Zeit mitgebracht und fordert mich dazu auf...
Eine Auswahl zu treffen ist ein fieses Geschäft. Ein Eindruck ist schöner als der andere!
Zurück in den Garten:
Pflanzen sind ja als Individuum standorttreu, sie wandern nur in den allerseltensten Fällen. Wenn, dann als Topfware im Gartenhandel. Trotzdem müssen sich Pflanzen ausbreiten können.

Flugsamen
Flugsamen sind eine sehr einfache Verbreitungsform

Ausbreitungswege

Das tun sie auf verschiedenen Wegen:
 Sie treiben Wurzelausläufer oder sie produzieren Samen, die sich wiederum auf unterschiedlichste Weise ausbreiten können.
Beide Möglichkeiten sind schon sehr effizient. Pflanzen produzieren in der Regel eine Unmenge an Samen.
Stimmt nicht, denkt Ihr?
Eine Kirsche zum Beispiel hat nur einen Kern?
Klar, das stimmt, aber schaut einmal auf einen Kirschbaum, dann zählt seine Kerne.
Mir persönlich ist keine Pflanze bekannt, die nur einen Sämling produziert.

Samenstand Hauswurz
Samenstand der Hauswurz an der Pyramide bleue

Das Sämlingsproblem

Das ist ja auch schlau, denn Sämlinge haben das Problem, das sie sich ihren Ablageort nicht selber aussuchen können. Sämlinge stehen vor ein paar Problemen; einige werden einfach aufgefuttert. Vögel, Nagetiere und auch die Pflanzenfresser sind Konsumenten von Sämereien. 
Das bedeutet, das eine Menge von ihnen einfach verdaut werden und fortan nicht mehr keimen können. Samen sind aber auch nicht blöd und haben sich da angepasst. Samen der Eberesche*, Sorbus aucuparia 'Edulis', zum Beispiel brauchen eine Reise durch den Verdauungskanal eines Vogels, um dann im Kot ausgeschieden, zu keimen, zu wachsen und zu einem neuen Baum heranzuwachsen. Veilchensamen*, Viola odoratum, z.B werden aber auch gerne durch Ameisen verschleppt. Die sind weniger an den Samen an sich als an der Schicht um den Samen interessiert; die fressen sie ab und lassen den Samen liegen. Dort können sie sich dann zu neuen Veilchen entwickeln.

Grassamen
Gras und seine Sämereien hat so viele Liebhaber...

Eichhörnchen verstecken nussige Sämereien und vergessen sie. Dann haben die bei ihnen beliebten Haselnüsse*, Corylus avellana, immer noch das Problem, das es andere Tiere gibt, die sie an diesen Ablageorten finden und auffressen. Oder aber, sie bleiben über den Winter liegen, treiben aus und werden zur nächsten Pflanze. Bei uns im Garten passiert das regelmässig. Dann komme ich als „Feind" daher und unterbinde unerwünschten Aufwuchs, indem ich das junge Pflänzlein herausreisse. Das heisst, selbst wenn aus dem Samen eine Pflanze wachsen kann, ist auch diese einem Frassfeind ausgesetzt. In diesem Falle bin das ich...
Ihr seht, um das zu verhindern ist es für jede Pflanze wichtig, ausreichend Samen zu produzieren, um die Ausbreitung und den Fortbestand der Art zu sichern.

Samenstand
Schön aussehen tut es auch

Wie gesagt, nicht jeder Samen findet den richtigen Ort, um zu wurzeln. Nicht jeder Samen keimt. Nicht jede Pflanze schafft es überhaupt, zu einer Samenreife zu kommen. Sie wird vorher abgefressen, rausgerupft, tot gespritzt, verdorrt oder unter Wasser gesetzt. Es kann auch sein, das sie nicht die richtigen Keimbedingungen vorfindet.

In der heutigen Form von Gartenverständnis kommen wir auch leider immer mehr dahin, das es gar keine Bestäuber mehr gibt, die die Blüte überhaupt bestäuben können. Chemische Eingriffe u/o das Setzen steriler für Insekten uninteressanter Pflanzen oder gar Exoten behindern ein Ausreifen von Samen. Keine Bestäuber, keine Befruchtung, keine Samen.
Ihr seht also, Samen braucht die Pflanze; je mehr, je lieber, denn es gilt, viele Hindernisse zu überwinden, um erfolgreich keimen und wachsen zu können UND selber die Frucht/Samen reifen lassen zu können.
Pflanzen lassen deshalb ihre Samen fallen, springen, fliegen, rollen, kleben, fressen, und verbreitet sich über weitere Wege, die ich jetzt vergessen habe, aufzuzählen.

Hagebutten von Wildrosen
Schmeckst Du?

Fragen an die Samen

Für mich ist die Samenreife immer mit Fragen verbunden:


1) Schmeckst Du?
Dann ab in die Küche. Dort verarbeite ich mal den Samen in Form von Nüssen oder Korn oder ich verarbeite das Fleisch drumherum, wie bei Äpfeln, Hagebutten* oder anderem Obst. Die dabei anfallenden Samenabfälle gehen in den Hühnerauslauf und werden dort von den Hühnern aufgepickt. Deren Magen stört es nicht, denn das, was aus dem Kropf im Magen landet, wird von diesem fein zermahlen der weiteren Verdauung zugeführt. Ein Hühnermagen ist ein unglaublich fester Muskel, der mit Hilfe von aufgenommen Steinchen Mehl aus allem herstellt. Mehl… Eher Matsche, denn trocken passiert im Huhn ja auch nichts.

Flugsamen
Schmeckst Du nicht?

2) Schmeckst Du nicht?

Dann stehen lassen und überlegen, ob man die Samen im Garten habe möchte oder nicht.
 Hier hat sich in diesem Jahr der Krause Ampfer ausgebreitet, den werde ich daran hindern, sich noch weiter auszubreiten. Mit dem Kleinen Sauerampfer habe ich meinen Frieden gemacht, denn der hat viele Falter angezogen, wie zum Beispiel den Purpur-Ampferspanner, Lythria cruentaria.

Flugsamen
Wilde Möhre in der Wiese

Wildes Kraut in der Wiese aussamen lassen

Das Habichtkraut*, Hieracium pilosella, darf sich hier ausbreiten in der Wiese und die Moschusmalven* auch. Die Wilde Möhre findet ihren Platz und der Reiherschnabel*, Erodium, auch. Mit ihnen viele weitere Samen, damit aus meiner Wiese eine immer vielfältigere Wiese entstehen kann. Auch habe ich viele Säemereien einer Wildblumenwiesenmischung ausgesät, damit sich die Lücken schliessen, die im Sommer durch die Trockenheit entstanden sind. Hoffen wir, das sie keimen können und im nächsten Jahr meine Wiese bereichern.

Färberkamille, Chamomilla tinctora
Färberkamille und das Berufkraut in Zweisamkeit

In den Beeten

In den Beeten findet sich immer wieder das einjährige Berufkraut. Das darf bleiben und die Färberkamille*, Anthemis tinctora, ebenfalls. In der Erde meiner Beete sind auch viele Samen, die einfach nur vor sich hin ruhen, um dann, nach Gesetzen, die nur sie kennen und befolgen, zu keimen und zu wachsen. Der Erdrauch ist so eine, und lange auch der Kleine Sauerampfer. Erdrauch darf bleiben, der Ampfer nicht, der hat seinen Platz in der Wiese.
So ordne ich das Geschehen in meinem Garten. Nicht alles darf sich überall ausbreiten, denn es soll kein allzugroßes Kuddelmuddel entstehen. Das ist in den Augen vieler GärtnerInnen bei mir im Garten sowieso vorhanden. Für mich ist es immer noch ein Versuch, gegen allzugroßes Chaos anzugehen. Für meinen Geschmack gelingt es mir ganz gut, für andere Geschmäcker eher weniger...

Tüpfeljohanniskraut
Tüpfeljohanniskraut darf sich in der Wiese ausbreiten

Geschmäcker sind verschieden

und das ist gut so. Deshalb lasse ich vieles ausreifen und vieles sich auch aussamen, nur halt nicht überall hin.

Auf diese Art und Weise entwickelt sich mein Garten auch wieder ganz individuell und erzeugt eine Vielfalt, die ich sehr gerne mag. Etwas wild, etwas gepflegt, aber eben sehr lebendig!

Das Tüpfeljohanniskraut*, Hypericum perforatum, ist so eine Pflanzen, die sich ausbreiten darf, weil sie eigentlich nie stört. Sie bringt über den Sommer viel gelb in den Garten und zieht viele Insekten an. Wer sich an ihren Früchten erfreut, weiss ich nicht, sie verschwinden über den Winter

Samen Kolkwitzie
Die Kolkwitziensamen sehen hübsch aus

Dafür stehen für mich auch die Sämereien - für lebendige Vielfalt, die ich schon für das nächste Jahr vor meinem inneren Auge sehe!

Das Potential im kleinen herbstlichen Samenkorn steht für wachsende Vielfalt ab dem nächsten Frühjahr!

 

 

Wenn Ihr Interesse habt, dann schaut gerne unten im Link oder oben unter den Textlinks nach. Die meisten Pflanzen in ihrer insektenfreundlichen Form sind erhältlich und verschönern darüber hinaus im Winter Eure Gärten!

 

 


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