Wilde Wiesen - die Glücklichmacher
von Gartenphilosophin
Eine Wilde Wiese ist immer ein Fest für die Sinne
Ganz ehrlich? Ohne Wilde Wiesen wären wir aufgeschmissen. Doch lustigerweise haben viele GärtnerInnen ein Problem sie zuzulassen.
Meine Beobachtung ist: Bilder von wilden Wiesen werden sehr gerne angeschaut und als "schön" bewertet. Doch im eigenen Garten? Auf öffentlichen Flächen? Da hat es ordentlich auszusehen, da muss es gemäht und gepflegt aussehen.
Meiner Meinung nach brauchen wir ein neues Verständnis von gepflegt und ordentlich. Wild kann genauso aussehen, nur eben nicht ganz so ordentlich, oder doch eher tödlich grün.
Wie ihr wisst, habe ich ja mein Herz an all die Lebewesen meiner Wiesen verloren, ich möchte euch heute mal wieder mitnehmen in unser Wiesengetümmel. Vielleicht kann ich Eure Herzen auch mit der Sehnsucht nach der Schönheit und Lebendigkeit einer wilden Wiese anstecken.
Winterwiese
Die Wiese im Winter muss ruhen. Nach der letzten Sensen-Mahd, so im Oktober konnte sie vielleicht noch etwas wachsen oder auch nicht, je nach den Wetterbedingungen.
Wenn nun Schnee, Raureif und Sonne zusammenkommen, dann zeichnen sich wunderschöne Bilder wie von selbst. Der Winteraspekt einer Wiese ist gut für unsere Augen, aber noch besser für viele überwinternde Insekten, deren Gelege oder Larven. Sie finden dicht am Boden, am besten unter einer Schneedecke Schutz vor der Kälte.
Deshalb mein Tipp: Die Wilde Wiese vor dem Winter nicht zu tief mähen, wollt ihr einen Rasenmäher einsetzen, auf der allerhöchsten Stufe mähen, mit der Sense ebenfalls nicht zu tief sensen. So kommt im nächsten FRühjahr trotzdem schnell Licht und Wärme auf den Boden, was die Frühblüher aktiviert.
Frühblüher der Wilden Wiese für früh fliegende Insekten
Die Frühblüher in der Wilden Wiese stellen eine wichtige erste Nahrungsquelle für die langsam erwachende Insektenwelt dar. Nur sie schaffen es, ausreichend Pollen und Nektar bereit zu stellen, um die ersten Hummeln, Käfer und Fliegen nach der langen Winterruhe zu sättigen und zu kräftigen.
Die Rote, Weiße und später Gelbe Taubnesseln sind eine hervorragende Quelle, die sehr robust auch Kälteeinbrüchen standhält. Natürlich sind auch unsere gepflanzten Zwiebelblumen eine weitere wichtige Quelle, doch die Taubnesseln sind früher und länger zu bewundern. In Verbindung mit den früh blühenden Bäumen, wie Weiden, Pappeln, Kornelkirschen, etc. gibt es doch schon sehr früh im Jahr ein reichhaltiges Angebot, vor allem auf der Wiese.
Frühlingswiesen
Wenn der Frühling dann Fahrt aufnimmt, wird es auf meinen Wiesen und der Weide immer bunter. Unser Boden ist, wie gesagt, sehr, sehr, sehr mager und trocken. er wird seit Jahren nicht gedüngt, die trockenen letzten Jahre haben verschiedenen Gräsern das Wachsen fast unmöglich gemacht. Nur bestimmte Gräser können sich halten. Das freut wiederum bestimmte Wildstauden, die sich etablieren konnten. Das Ruprechtskraut, Geranium robertianum, Ackerstiefmütterchen, Viola arvensis, verschiedene Gräser und der früh blühende Ehrenpreis, Veronica chamaedris, beleben das Bild und lassen Insektenherzen höher schlagen. all diese kleinen Blüten sind perfekt für die kleinen Besucher. Wildbienen, kleine Motten, Fliegen, die heranwachsenden Heuschrecken und wanzen, sind lebhafte vielfältige Besucher.
Wilde Wiesen sind Kinderstuben
So, wie sie in den Blüten Nahrung finden, sind die Wilden Wiesen auch Geburtsort der nächsten Generation der Insekten. Oben ist der Kleine Feuerfalter dabei, seine Eier an den Pflanzen abzulegen, an denen nach dem Schlupf dann die Larven fressen können. Wie dürfen nicht vergessen, dass die blütenbesuchenden Imagines, die fertig entwickelten Insekten, für ihre Nachkommen auf das Blattgrün angewiesen sind.
Larven, Raupen, und alle Jungstadien der vegetarisch sich entwickelnden Insekten brauchen grünes.
Raupenfutterpflanzen müssen nicht blühen
sie müssen viel Blattmasse haben. Deshalb ist es wichtig, zuzuulassen, dass die Wiese wachsen darf. Die Wiesenkantine darf lange zur Verfügung stehen.
Das nährt viele Larven und gibt ihnen Zeit, sich zu verpuppen, um die Entwicklung zur Imago dann zu vollenden.
Den perfekten Zeitpunkt für eine Wiesenmahd gibt es nicht, doch die Wiese sollte einmal im Frühjahr doch gemäht werden. Bei uns geschieht das in einem Teil mit dem Rasenmäher. Dort, wo wir viel laufen, wo wir viel unterwegs sind, bleibt es immer tiefer, denn das Gras muss nicht unnötig zertreten werden. Wir mähen unsere Laufwege auch ganz bewußt mit dem Mäher, denn er hat eine schmalere Spurbreite als die Sense sie sensen würde.
Die Sense kommt dann auf den Flächen zum Einsatz. Zur Zeit, in der die Mageritten ihre Hochblüte haben, als nun, in den nächsten Tagen. Ein weiterer Orientierungspunkt kann auch die Zeit der Pferde-Heumahd sein, die ist jetzt im Juni. So haben die abgesensten Pflanzen Zeit, sich auf ihren Auftritt im Hochsommer nochmal vorzubereiten.
Die Sommerwiese
Die Sommerwiese ist in der Regel ziemlich trocken, die Halme gelb. Das setzt dem gewohnten Wiesenanblick, der grün zu sein hat, einen Anblick entgegen, der geübt werden will.
Meist kommt Wasser zum Einsatz oder Dünger und Wasser, oder doch der Rasenmäher.
Lasst es sein und genießt, was aufwachsen will. Auch die gelbe Sommerwiese stellt reichhaltige Blüten zur Verfügung.
Die Wilde Malve, Natternkopf, Leinkraut, Färberkamillen, und Kleesorten und viele weitere Blüten. Das macht eine Wiese auch im Sommer zu einem echten Hingucker, versprochen.
Mit den nächsten Regenfällen wir das gelb der Wiese auch wieder grün, denn das Gras ruht nur und wartet auf Feuchtigekiet, um wieder zu wachsen.
Vertraut der Natur um euch herum, vertraut der Natur eures Bodens. Meist ruhen da wahre Pflanzenschätze, die nur darauf warten, dass sie auf ungedüngten mageren Flächen endlich zeigen könne, wie schön sie sind.
Sauerampfer! Zu Hilfe?
Am Sauerampfer, der auch zu den prächtig-pflanzlichen Nützlingen gehört, scheiden sich schnell die Geister. Doch sein Blattgrün ist die Raupenfutterpflanzen für den Ampferpurpurspanner. Also eine wichtige Pflanze, die sich im Laufe der Jahre in die Wilde Wiese einfügen wird.
Das gilt auch für einige andere Pflanzen, die am Anfang in rauhen Mengen in der Wiese stehen können. Doch über die Zeit entwickelt sich eine Wiesengesellschaft, die keine Pflanze überhand nehmen lassen wird. Es braucht etwas Geduld und die Freude an der Beobachtung, wie sich jährlich die Zusammensetzung der Pflanzengesellschaft ändert.
Weide und Sandnelken
Auf meiner Pferdewiese hat sich zum Beispiel die Sandnelke in diesem Jahr rasend ausgebreitet. Sie wird von den Pferden nicht gefressen, bietet aber ein interessantes Bild und wird im nächsten Jahr u.U. nicht mehr so zahlreich vorhanden sein. Ihre ausgefallenen Samen werden im Boden auf die nächste Gelegenheit warten oder von Vögeln gefressen werden.
Auch das ist ein Aspekt einer wilden Wiese: Sie nährt ebenfalls die Vogelwelt.
Über die dort lebenden Insekten über die Sämereien der Pflanzen, finden Vögel das ganze Jahr über Nahrung. Hier tummeln sich Spatzen, die üblichen Verdächtigen, aber auch Bluthänfling, Hausrotschwanz, Grasmücken, etc. Hier im Blog (Link) habe ich über sie berichtet.
Faulenzen in der Wilden Wiese
Über den Sommer kann die Wiese tun, was sie will, wie genissen ihren Anblick. Egal, ob grün oder gelb, sie nährt ihre Bewohner. Das ist mein heissester Sommertipp:
Geniesst den Anblick der Wiese, legt Euch auf die Blicklauer und schaut, wer sie bewohnt. Geniesst den neuen Anblick, auf dem Boden liegend.
Bleibt faul, denn es ist eh zu heiss. Mit der hohen Wiese schützt ihr den Boden vor zu starkem Austrocknen, er braucht kein Wasser.
In Zeiten des Klimawandels gebt ihr Euren Flächen jetzt schon Zeit, sich anzupassen, auf Dauer wird es meiner Meinung nach eh nicht mehr möglich sein, den Garten zu wässern. Der Umbau kann also jetzt schon beginnen.
Trockenkünstler Wilde Wiese
Die Trockenheitskünstler, wie die Wilde Möhre, Daucus carota, werden für weitere schöne Anblicke sorgen.Kaum eine wilde Pflanze kann es mit irh aufnehmen, was Schönheit und Insektenfreundlichkeit angeht.
In der Blüte finden viele Insekten Nahrung, später in den Samenständen dann die Rote Streifenwanze, die sich gerne in das Nahrungsparadies zurückzieht.
Sie ernährt sich von den Sämereien, indem sie sie ansticht, das Innere mit einem Sekret verflüssig und dann aussaugt.
In meinem Garten hat sich die Wilde Möhre leider noch nicht so ausgebreitet, wie ich das gerne hätte, aber gut, ich habe Geduld und freue mich an jeder Pflanze, die wachsen will.
Geniesst die Wilde Wiese
Wenn Ihr eine habt und gebt ihr einen gebührenden Platz, wenn ihr mit dem Gedanken spielt, eine Wilde Wiese aufwachsen lassen zu wollen.
Klar kann das mit großem Aufwand geschehen, indem ihr Eure Fläche abtragt.
Es kann aber auch anders geschehen, indem Ihr die Wiese wachsen lasst, jegliches Mahdgut entfernt und fleckenweise die Grassoden ausstecht, um dort auszusäen oder auch passende wilde Pflanzen zu pflanzen.
So habt Ihr es in der Hand, wie die Wiese aussehen könnte, wenn die Pflanzen sich etablieren können.
Mein schönster Guerilla-Gardening-Tipp ist jedoch:
Wilde Wiesen haben eine natürliche Grundlage, die auch bei Euch in der Gegend (noch) vorhanden ist!
Wenn Ihr mit Kindern eine Wiese kennenlernen wollt
Dann empfehle ich Euch mein Buch:
"Spannendes über die Wiese"
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Ein Buch zu Lesenlernen, für die Schultüte geeignet, zum Lesen üben oder zum selber Lesen.
Zum gemeinsamen Anschauen, weil Natur Spaß macht.